Sankt Annaberg

St. Annaberg (Góra Św. Anny)

Geschichte

 Das politische und religiöse Wahrzeichen Oberschlesiens überragt mit insgesamt 410 m Höhe die Äcker und Wälder in weiter Umgebung. Ursprünglich wurde der Berg Chelm oder St. Georgenberg genannt. Vermutlich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts wurde auf dem Berg eine schlichte, aus Holz geschnitzte Figur der hl. Anna Selbdritt verehrt. Im Jahre 1480 stiftete der damalige Grundherr von Poremba, Christof Strela zusammen mit seinem Sohn Krystek eine Kirche zu Ehren des hl. Georg. Im Jahre 1516 übergab Nikolaus Strela eine neue St.-Anna-Kirche an den Pfarrer von Leschnitz, von der aus mehrmals im Jahr der Gottesdienst auf dem Berg versehen wurde. Als die Anzahl der Pilger im Zuge der Gegenreformation anwuchs, gründete der damalige Besitzer Graf Melchior von Gaschin auf Zyrowa 1656 ein Franziskanerkloster mit 22 Brüdern auf dem Berg. In den folgenden Jahren entstand hier die barocke Wallfahrtskirche, zwischen 1733 und 1749 die sie umschließenden Klostergebäude. Für die Wallfahrer ist auch die Kalvarie mit ihren 33 kleinen Kapellen von besonderer Bedeutung. Zwischen 1912 und 1914 wurde in einem Steinbruch neben der Klosterkirche eine Lourdes-Grotte gebaut.

Dreimal wurden die Brüder des Franziskanerordens vom Sankt Annaberg vertrieben: Zum ersten Mal im Zuge der Säkularisation der Klöster in Preußen 1810. Dann wurden Kirche und Kloster 1833 vom Staat dem Bistum Breslau zur Verfügung gestellt und 1856 sogar zum Eigentum überlassen. Die zweite Vertreibung erfolgte dann 1875 im „Kulturkampf“ gegen die katholische Kirche. Erst 1887 konnten die Franziskaner wieder zurückkehren. Und 1941 vertrieben die Nationalsozialisten die Brüder erneut und beschlagnahmten das Pilgerheim. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Franziskaner, jetzt aus Polen, zurück.

Zum besonderen Wahrzeichen Oberschlesiens wurde der Sankt Annaberg nach dem Ersten Weltkrieg. Als nach dem Plebiszit 1921 sowohl die deutsche als auch die polnische Seite nicht miteinander vereinbare Vorstellungen von der Teilung des Landes hatten, versuchte die Polnische Heeresorganisation Oberschlesien die sog. Korfanty-Linie bis kurz vor Oppeln gewaltsam umzusetzen. Im Zuge dieses „Dritten Aufstandes“ war der Sankt Annaberg heftig umkämpft.

Sankt Annaberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Postkarte)

Am 21. Mai 1921 wurde er von der deutschen Kampforganisation Oberschlesiens (KOOS) unter General Karl Höfer erobert. Diese Ereignisse wurden in der Folgezeit auf deutscher ebenso wie auf polnischer Seite für nationalistische Propaganda instrumentalisiert. Im Jahre 1934 wurde am Rande des Berges ein Ehrenmal für die Gefallenen des deutschen Selbstschutzes mit einer Feierstätte, das einem antiken Freilichttheater nachgebildet war, errichtet. Das Denkmal wurde 1946 von Polen gesprengt. 1955 an seiner Stelle das „Denkmal der aufständischen Tat“ errichtet.

Die Wallfahrtskirche, in der jetzt nur Messen auf Polnisch gehalten werden durften, wurde in den 1950er Jahren neobarock umgestaltet. Anlässlich des 500jährigen Kirchenjubiläums wurde die Sankt Annakirche 1980 durch Papst Johannes Paul II. zur Basilika minor erhoben. Drei Jahre später besuchte der Papst den Sankt Annaberg auch persönlich. Seit dem 4. Juni 1989 werden auf dem Sankt Annaberg auch wieder Gottesdienste in deutscher Sprache durchgeführt. Das ist v.a. das Verdienst des damaligen Bischofs von Oppeln, Alfons Nossol. Seitdem findet hier auch alljährlich die Wallfahrt der Deutschen Minderheit statt. Heute ist auch die Ortstafel aufgrund des Vorhandenseins der Deutschen Minderheit zweisprachig.

Die Bedeutung des Sankt Annaberges für Deutsche und Polen wird auch durch die beiden Videos deutlich. Das linke Video zeigt die Wallfahrt zum Sankt Annaberg im Jahre 1927, das rechte Video hingegen eine polnisch-patriotische Veranstaltung im Amphitheater am Annaberg im Jahre 1946.
"Wallfahrt zum Annaberg 1927"
(Video: YouTube)
"Manifestacja na św. Anny 1946"
(Video: WFDiF/YouTube)

Sehenswürdigkeiten

Klosterkirche und Kloster

Die Klosterkirche wurde in den Jahren 1657 bis 1673 unter Verwendung der Mauern einer gotischen Kapelle aus der Zeit von 1480 errichtet. Im Jahre 1781 erfolgte ein spätbarocker Umbau. Später mehrere Renovierungen und Umbauten. Die Kirche verfügt über ein dreijochiges Langhaus und einen zurückgesetzten Turm. Vor der Kirche befindet sich der mit Kreuzgängen umgebene „Paradieshof“. Im Süden an die Kirche anschließend befindet sich das zwischen 1733 bis 1749 errichtete Franziskanerkloster, eine zweigeschossige Anlage um einen rechteckigen Klostergarten. (rechts)
Die Ausstattung der Kirche ist v.a. im Neobarock und Neorokoko. (unten) Im Hauptaltar befindet sich die gotische Figur der Hl. Anna Selbdritt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts.

Treppenaufgang zur Klosterkirche.


Der Paradieshof.

Das Kircheninnere mit dem Hauptaltar.

 Die Figur der "Anna Selbdritt".

Kalvarie

Die ursprünglich 33, jetzt 40 Kapellen auf dem Sankt Annaberg stellen das Leiden Christi dar (Kalvarie). Die ersten Kapellen wurden von Graf Georg Adam von Gaschin gestiftet und entstanden zwischen 1700 und 1709 nach dem Vorbild der kleinpolnischen Kalwaria Zebrydowska bei Krakau. Die Kalvarie des Sankt Annaberges erstreckt sich über den gesamten Bergrücken im Süden und Osten der Wallfahrtskirche.

Kreuzigungs-Darstellung.



Kapelle im Wald.

"Sanktuarium
Góra św. Anny / Sanktuarium
Sankt Annaberg"
(Video: Kraína ´sw. Anny)

 Freilichttheater und Ehrenmal für die polnischen Kämpfer von 1921

Das nach 1934 errichtete Freilichttheater war von den Nationalsozialisten als Thingstätte gedacht. Anstelle des 1946 im Rahmen einer patriotischen Manifestation gesprengten deutschen Mausoleums für die 1921 Gefallenen des Oberschlesischen Selbstschutzes wurde am 19. Juni 1955 ein monumentales Ehrenmal für die polnischen Kämpfer dieser Schlacht enthüllt. Das Denkmal im Stil des Sozialistischen Realismus sollte ein Symbol des „ewigen Kampfes Polens mit dem deutschen Drang nach Osten“ darstellen. Entworfen wurde es von dem polnischen Bildhauer Xawery Dunikowski, der zwischen 1940 und 1944 in Auschwitz inhaftiert war.

Ehrenmal für die polnischen Kämpfer von 1921.



Freilichttheater (ehem. nationalsozialistische "Thingstätte").


Museen

Museum der Aufständischen Tat
(Muzeum Czynu Powstańczego)


1961 wurde am Fuße des Sankt Annaberges das Museum der Aufständischen Tat (Muzeum Czynu Powstańczego) eröffnet, um die Heldentaten der polnisch gesinnten Oberschlesier gebührend zu ehren. Dementsprechend ist die Ausstellung politisch einseitig, was sich auch nach der politischen Wende nach 1989 nicht geändert hat. Sehenswert sind hier daher lediglich die zahlreichen originalen Propagandaplakate aus dem Jahre 1921.


Polnisches Propagandaplakat

Haupteingang des Museums

Öffnungszeiten:
Montag:                             geschlossen
Dienstag - Freitag:     9.00 - 15.00
Samstag (kostenlos): 10.00 - 16.00
Sonntag                               10.00 - 16.00 (Dez. – Febr. geschl.)

Weitere Informationen zum Museum der aufständischen Tat finden Sie ( (nur in polnischer Sprache) hier:

Muzeum Czynu Powstańczego
Stimmkasten aus Oppeln.

Darstellung polnischer Aufständischer am MG.

Anreise


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