Neisse

Neisse (Nysa)

Geschichte

 Die Stadt Neisse erscheint erstmalig 1223 urkundlich als deutschrechtliche Stadt mit planmäßiger Stadtanlage auf einer nahezu quadratischen Fläche an der Neisse. Sie geht aber auf eine alte slawische Siedlung, die sog. Altstadt, zurück. Die Stadt lag damals auf dem Gebiet der Kastellanei Ottmachau, die bereits vor 1155 dem Bistum Breslau gehörte. Zusammen mit dem Herzogtum Grottkau besaßen die Breslauer Bischöfe dieses Territorium seit dem 14. Jahrhundert mit voller Landeshoheit. Dadurch war die Stadt auch Residenz der Breslauer Bischöfe. In der Umgebung der Stadt wurden im 13. Jahrhundert zahlreiche Waldhufendörfer mit deutschen Siedlern angelegt. In der Stadt residierten seit dem Mittelalter die Kreuzherren, welche mehrere Dörfer in der Umgebung von Neisse und Neustadt besaßen.

An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert erlebte die Stadt einen materiellen und kulturellen Höhepunkt. Die Wirtschaft blühte durch einen lebhaften Garn- und Leinenhandel. Von besonderer Bedeutung war auch der Vertrieb von österreichischem und ungarischem Wein. Trotz Einzugs der Reformation, die erst mit der Jesuitenmission seit 1622 wieder verdrängt werden konnte, wurde Neisse zum „Schlesischen Rom“. Damals hatte das Priesterseminar des Bistums Breslau hier seinen Sitz, 1624 wurde hier das Jesuitengymnasium (Carolinum) gegründet. Es wurde zu einer bedeutenden Bildungsstätte für ganz Schlesien. In dieser Zeit blühte auch die Goldschmiedekunst in der Stadt. Erst der Dreißigjährige Krieg unterbrach diese Blütezeit.
Ansicht von Neisse in der Schedel’schen Weltchronik von 1493.
Die Stadt wurde mehrfach von den Kriegsparteien besetzt und geplündert. Danach änderte sich das Stadtbild, denn anstatt der Vorstädte wurde um die Altstadt herum eine Festungsanlage mit breitem Wassergraben und mehreren Bastionen angelegt. Die vom Breslauer Bischof weiter geförderte Gegenreformation brachte aber zahlreiche weitere kirchliche Bauten, die das Stadtbild bis heute prägen. Mit der Eroberung Schlesiens durch Preußens wurden die Festungsanlagen weiter ausgebaut, die bischöfliche Selbstverwaltung sank in die Bedeutungslosigkeit herab. Am Ende der friderizianischen Zeit war Neisse eine der stärksten Festungen Europas. Mit der Säkularidsation der geistlichen Güter in Preußen 1810 endete die bischöfliche Landesherrschaft endgültig. Auch die Stifte und Klöster der Stadt wurden aufgehoben.

Erst 1877 wurde der Festungsgürtel aufgelöst, so dass sich erneut Vorstädte bilden konnten. Neisse wurde zum regionalen Mittelpunkt eines wohlhabenden landwirtschaftlich geprägten Kreises. Die Industrie blieb daher v.a. auch die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse beschränkt.

1945 wurde die Stadt durch Kriegseinwirkungen zu etwa 75% zerstört, die Innenstadt fast vollständig. Die nahezu vollständig deutschsprachige Bevölkerung wurde vertrieben. Die polnischen Behörden bauten zahlreiche historische Gebäude in den 1950er und 1960er Jahren wieder auf. Daher begegnen sich in Neisse heute Gotik und Barock sowie Sozialistischer Realismus der Nachkriegszeit.

Sehenswürdigkeiten

Katholische Pfarrkirche St. Jacobus

Zentrum der Altstadt ist die Pfarrkirche St. Jacobus. Die spätgotische Hallenkirche aus rotem Backstein auf der nordöstlichen Seite des Neisser Ringes wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an der Stelle eines Vorgängerbaus aus dem Jahr 1198 errichtet und in den folgenden Jahrhunderten erweitert. Die westliche Giebelwand wurde zusammen mit der Vorhalle 1542 wiederhergestellt. Der nordwestlich der Kirche freistehende Turm aus Bruchstein und Quadermauerwerk wurde zwischen 1474 und 1516 errichtet. Er enthält heute die „Schatzkammer des Doms“ (vgl. unten: Museen) Kirche und Turm wurden nach starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg bis 1961 wiederhergestellt. Die Kirche besitzt einen dreiflügeligen Schnitzaltar mit Kreuzigungsgruppe, mehrere Kapellen sowie zahlreiche Wandepitaphe.

Gedenktafel für Martin Gerstmann, Bischof von Breslau (1574 - 1585).



Gotischer Eingang zur Kirche.

Das regotisierte Kirchenschiff.
Im Innenraum der St. Jacobus-Kirche sind zahlreiche bedeutende Kunstschätze zu sehen. Zwei davon sollen hier besonders hervorgehoben werden:

An einem Pfeiler auf der rechten Seite des Kirchenschiffes befindet sich ein spätbarocker Altar aus silbernem Pressblech. Er umrahmt die in einer Nische stehende Figur der St. Anna Selbdritt aus der Zeit um 1500.

Desweiteren ist die barocke Dreifaltigkeitskapelle aus dem Jahr 1753 zu erwähnen. Sie enthält einen marmornen Altar aus derselben Zeit. Seit einigen Jahren werden hier auch Reliquien der im Jahr 2007 selig gesprochenen Maria Luise Merkert (1817 - 1872 in Neisse), der Begründerin des Ordens der "Grauen Schwestern" aufbewahrt. Der neue Orden widmete sich der Jugendarbeit sowie der Krankenpflege.

 Barocke Dreifaltigkeitskapelle.

St. Anna Selbdritt

Schöner Brunnen und Berliner Torturm

Seitlich neben der Pfarrkirche St. Jacobus steht der Schöne Brunnen, eines der Wahrzeichen der Stadt. Der schmiedeeiserne Renaissance-Brunnen wurde von Wilhelm Helleweg geschaffen und ist von einem goldenen Doppeladler aus dem Jahre 1688 gekrönt.

Vom Schönen Brunnen gelangt man direkt zum Berliner Torturm, der bis zur Eroberung Schlesiens durch Preußen 1741 auch Münsterberger Tor genannt wurde. Das Gebäude ist Teil der mittelalterlichen Befestigung der Stadt Neisse und stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts........

Schöner Brunnen.



Berliner Torturm.


Stadtwaage und Bürgerhäuser

Vom Ring und seinen alten Häusern hat sich in Neisse leider wenig erhalten. Das Kämmereigebäude mit der Stadtwaage ist heute Bibliothek. Der viergeschossige, schön renovierte Bau sticht durch seinen stark profilierten Spätrenaissance-Giebel hervor. Das Gebäude wurde ursprünglich zwischen 1602 und 1604 erbaut und nach dem Zweiten Weltkrieg in vereinfachter Form neu errichtet. An der Seite des Hauses haben sich Reste einer ehemals reichen Fassadenmalerei erhalten. Nachdem die historische Innenstadt von Neisse im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, konnten nur wenige historische Bürgerhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert wiederhergestellt werden.

Stadtwaage.



Bürgerhäuser am Ring.


Triton-Brunnen

In der Nähe der Stadtwaage steht auch der Triton-Brunnen aus den Jahren 1700 bis 1701. Im Bassin steht eine von vier Delphinen getragene Muschelschale mit einem muschelblasenden Triton als Wasserspender.

Er wurde nach dem Muster des Brunnens del Triton auf der Piazza Berberini in Rom gebaut. Von hier aus kann man sowohl die Stadtwaage als auch den modernen Turm des Rathauses sehen.

Historischer Triton-Brunnen, dahinter moderner Turm des Rathauses.


Kathol. Filialkirche St. Maria Himmelfahrt (ehem. Jesuitenkirche)

Die barocke Gymnasialkirche am Neisser Salzring wurde 1687 bis 1692 als erster Sakralbau von den Jesuiten in Schlesien errichtet. Zuvor stand hier die 1434 erbaute Kirche der Kreuzherren. Die nach jesuitischem Schema auf rechteckigem Grundriss erbaute Kirche hat eine pilastergegliederte Doppelturmfassade mit mehreren Heiligenfiguren. Rechts neben der Kirche befindet sich das ehemalige Jesuitenseminar aus den Jahren 1669 bis 1673.

Säulenkapitel.


Hauptfassade mit zwei Türmen.



Jerusalemer Friedhof

Auf dem Jerusalemer Friedhof im Nordwesten der Stadt wurde u.a. Joseph Freiherr von Eichendorff (1788 – 1857) beerdigt. Sein Grab sowie das seiner Frau Louise liegt direkt vor der Friedhofskirche zum Hl. Kreuz. Diese wurde 1633 in spätgotischer Form errichtet und später um zwei Kapellennischen ergänzt. Die Kirche ist durch eine hoch aufragende Fassade mit steilem Renaissance-Stufengiebel charakterisiert. 

Neben dem Eingang zum Friedhof steht auf einem kleinen begrünten Platz auch ein Denkmal des Dichters Joseph Freiherr von Eichendorff.

Eichendorff-Denkmal.


Friedhofskapelle mit Eichendorff-Grab.


Museen

Regionalmuseum
(Muzeum Powiatowe w Nysie)


Der vierflügelige Gebäudekomplex aus dem 17. Jahrhundert war ehemals der Stadtpalast der Breslauer Bischöfe. 1769 fand hier die Begegnung zwischen Kaiser Joseph II. und König Friedrich II. von Preußen statt. Nach der Säkularisation des Kirchenbesitzes in Schlesien 1810 diente das Gebäude als Land- und Amtsgericht. Die Hauptfassade ist durch kolossale Pilaster gegliedert und hat zwei Hauptportale. Im Inneren des Gebäudes gibt es bis heute mehrere reich dekorierte Kamine und Stuckdecken. Nach Kriegszerstörungen wurde das Gebäude zwischen 1963 und 1984 wiederaufgebaut. Das Regionalmuseum enthält heute v.a. eine Ausstellung zur Vor- und Frühgeschichte der Region, zur Stadtgeschichte und zur Alltagskultur der Bewohner.

Öffnungszeiten

Montag - Freitag    09:00–15:00
Samstag - Sonntag    10:00–15:00

Weitere Informationen zum Museum finden Sie (nur in polnischer Sprache) hier:
zur Websi
Muzeum Powiatowe w Nysie

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Stadtpalast der Breslauer Bischöfe.

Fassade des fürstbischöflichen Palastes.

Ausstellungsraum.

Schatzkammer im Glockenturm
(Skarbiec Św. Jakuba)

Im Turm der Pfarrkirche St. Jacobus befindet sich die Schatzkammer. Zentrum der Ausstellung sind Goldschmiedearbeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts, insbesondere barocke Strahlenmonstranzen, reich verzierte Kelche und Reliquiare. Diese wurden zumeist von herausragenden Meistern der Stadt geschaffen, denn seit dem späten Mittelalter war Neisse ein Zentrum der Goldschmiedekunst.

Eintritt nur mit Führung auf Anfrage. Weitere Informationen zur Schatzkammer finden Sie (nur in polnischer Sprache) hier:

Skarbiec Św. Jakuba
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Monstranzen in der Schatzkammer.

Glockenturm St. Jakob.

Anfahrt


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